Verfassung im Völkerrecht – Konstitutionelle Elemente jenseits des Staates? (The Constitutionalization of Public International Law – Constitutional Elements Beyond the State?)
Verfassung im Völkerrecht – Konstitutionelle Elemente jenseits des Staates?, in: Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer (VVDStRL), Vol. 75, Berlin (de Gruyter) 2016, S. 439-472
26 Pages Posted: 15 Feb 2016 Last revised: 1 Dec 2016
Date Written: February 11, 2016
Abstract
German Abstract: Die Vorstellung einer wertgebundenen Verrechtlichung der internationalen Ordnung scheint gegenwärtig in besonderem Maße herausgefordert zu werden. Die Ausbreitung bewaffneter Konflikte von Afrika über den Nahen Osten nach Europa ist nur Symptom tiefergehender Verwerfungen in den internationalen Beziehungen. Im Lichte dieser Herausforderungen ist die Suche nach konstitutionellen Elementen im Völkerrecht heute auch die nach einem geeigneten Ordnungsmodell für eine im Umbruch begriffene internationale Ordnung. Hier bietet die These von der Konstitutionalisierung des Völkerrechts eine mögliche Antwort. Allerdings konnte die Vorstellung von der Konstitutionalisierung des Völkerrechts Zuversicht aus den internationalen Verrechtlichungsprozessen der neunziger Jahre gewinnen und mag deshalb - vielleicht zeitlich kontingent - von diesen Prozessen abhängig bleiben. Ist daher eine normativ weniger ehrgeizige klassische Betrachtungsweise heute wieder angemessener? Der Beitrag analysiert einige gegenläufigen Tendenzen zu einer Konstitutionalisierung des Völkerrechts: das Widererstarken des Souveränitätsdiskurses, die Nutzung unilateraler Maßnahmen zur Durchsetzung von Gemeinschaftsinteressen sowie Entrechtlichungstendenzen. Anhand der Beispiele der Auslegung eines völkerrechtlichen Vertrages nach Art. 31 Abs. 3 lit. a) und b) WVK und des Eingreifens auf Einladung argumentiert der Beitrag für die fortdauernde Relevanz des Paradigma staatlicher Zustimmung und spricht sich für eine pragmatisch orientierte klassische Lesart des Völkerrechts aus, die das Völkerrecht weiterhin ausgerichtet an seiner Selbstbeschreibung und am Selbstverständnis seiner Hauptakteure, eben der Staaten, interpretiert.
English Abstract: Numerous developments and symptoms suggest that international law is currently undergoing a crisis of unusual proportions. Here, the thesis on constitutionalization of international law might offer an answer as to how law could face such a challenge. However, this thesis is closely linked to the period of legalization in the 1990ies which fostered an optimistic perception of international legal developments. Can constitutionalism prevail as a dominant interpretative model under current circumstances? The paper analyses opposite trends which question the appropriateness of a constitutional reading of international law: the re-emergence of sovereignty-based discourses as well as processes of unilateralization and informalization. By demonstrating the persisting relevance of a state-consent based perspective the paper argues in favour of a classical pragmatic approach based in positive international law as an appropriate analytical lens.
Note: Downloadable document is in German.
Keywords: constitutionalization of international law
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