Schulraum – Klassenraum – Bildungsraum (The Classroom – Room for Education)

Abstract

German Abstract Dieser Beitrag zielt auf ein neues Verständnis des (Schul)Raumbegriffs, der weit mehr beinhaltet als ein vermessbares Terrain. Die Schule und speziell der Klassenraum, repräsentieren einen sozial konstruierten Ort, an dem Erziehungsprozesse zu Erfahrungs- und Lernräumen werden, die auf die Persönlichkeitsentwicklung junger Kinder abzielen. Die hier dargestellte performative Konzeption von (Schul)Raum fokussiert die Reziprozität von Handlungen und Strukturen, d.h. sie untersucht die strukturelle Ordnung, das materielle Arrangement sowie die Positionierungen von Dingen und Menschen ebenso wie spezifische Körperpraktiken. Dabei wird deutlich, dass räumliche Materialität und Sozialität eng miteinander verwoben sind und spezifische atmosphärische Qualitäten erzeugen. Das empirische Datenmaterial einer innerstädtischen Schule in Berlin bestätigt, dass der räumlich-materiellen Klassenraumordnung symbolische Verweise inhärent sind und sie Interaktionen im Klassenraum vorstrukturiert. Abhängig von Ort, Zeit und Menschen erzeugt der „(Schul)Raum“ unterschiedliche Bildungsräume bei gleichzeitiger Beschränkung von Bewegungs- und Handlungsmöglichkeiten. So teilt beispielsweise der Tafelbereich den Klassenraum in zwei Interaktionsräume ähnlich der „Bühne“ und „Zuschauerraum“ im Theater. Die „Bühne“ kann für Lehrer und Schüler zum Raum für Selbstpräsentationen werden. Demgegenüber beeinflusst die physisch-materielle Position im „Zuschauerraum“ die Sozialität in der Schülergruppe und erzeugt „öffentliche“ oder exklusiv „geschlossene“ Räume innerhalb und außerhalb des unterrichtlichen Rahmens. Die sinnliche Wahrnehmung objektiver Faktoren und subjektiver Gefühle werden im Körpergedächtnis gespeichert und beeinflussen den Bildungsprozess jenseits inhaltlicher Zielsetzungen. Aus diesem Grund muss eine Auseinandersetzung mit dem Begriff „Bildungsraum“ die strukturellen Raumvorgaben sowie die soziale Raumkonstitution gleichermaßen berücksichtigen.

English Abstract This contribution aims to develop a new understanding of the meaning of „education room“ which comprises far more than a measurable area. The school, and especially the classroom, represent a socially constructed place. Here educational processes become spaces to experience and learn with the objective of forming the personalities of young children. The performative conception of “education room” focuses the reciprocal effect of actions and structures, i.e. the structural order and material arrangement and positioning of objects and people as well as specific physical practices. Thereby it becomes evident that spatial materiality and sociability are closely interwoven and create specific atmospheric qualities. The empirical data of an inner city school in Berlin verifies that the spatial/material classroom order implicates symbolic references, and pre-structures classroom interactions. Depending on the location, time and people, “education room” generates different educational spaces by simultaneously setting limitations and imposing restrictions. In this sense, the board area divides the classroom into two spaces for interaction similar to that of “stage” and “audience” in theater. The “stage” can become an area of self-presentation for both the teacher and the pupil. On the other hand the physical/material position in the “audience” can have an impact on the sociability in the group of pupils and create “public” or exclusive “closed” spaces within the educational framework. The sensual perception of objective factors and subjective feelings are stored in the physical memory and influence the educational process beyond the instructional purposes. For this reason the structural room requirements and the social constitution of space must be equally considered at the reflection of “education room”.

Note: Downloadable document available in German.

Keywords: Schulraum, Klassenraum, Bildungsraum, Erziehungsprozesse, Interaktion, Classroom, Education, Interaction